Radikale Prostatektomie
Wenn der Tumor auf die Prostata begrenzt ist, d. h. er hat keine Tochtergeschwülste im Körper gesetzt, ist die radikale Entfernung der Prostata incl. Samenblasen sowie der Becken-Lymphknoten eine der am häufigsten durchgeführten Behandlungsoptionen mit sehr guten Heilungschancen.
Hierbei wird über einen ca. zehn Zentimeter langen senkrechten Schnitt zwischen Nabel und Schambein oder aber per Bauchspiegelung (minimal invasive Knopflochchirurgie) zunächst das Lymphgewebe, welches im Bereich der großen Beckengefäße liegt, entfernt. In diesem Gebiet liegt die erste Lymphknotenstation, die durch Absiedlung von einem Prostatakrebs befallen sein kann.
In der Urologischen Klinik des Klinikum Ingolstadt gibt es zudem die Möglichkeit, die Prostata vor einer geplanten Operation radioaktiv zu markieren, um dann während der Operation den so genannten Wächter-Lymphknoten zu erkennen und zu entfernen und gegebenenfalls weiteres Lymphgewebe zu schonen. Der Wächter-Lymphknoten ist die erste Station, die der Lymphabfluss von der Prostata erreicht. Dort sind die ersten Absiedlungen oder Metastasen zu erwarten. Diese erste Lymphknotenstation wird auch als Sentinel-Lymphknoten bezeichnet. Vorteil der gezielten Sentinel-Lymphknotenentfernung ist, dass auch untypische Lymphknotenabflussverhältnisse erkannt werden können und somit die Entfernung der „richtigen“ Lymphknoten möglich wird. Bei sehr günstigen Voraussetzungen (niedrigem PSA-Wert, Gleason-Score und Tastbefund) kann teilweise auch auf die Lymphadenektomie verzichtet werden.
Nach der Lymphgewebeentfernung erfolgt die Entfernung der Prostata. Hierbei entsteht ein Absetzungsrand an der Harnröhre oberhalb des willentlich steuerbaren Harnröhrenschließmuskels. Des Weiteren wird der Anteil des Blasenhalses, der mit der Prostata verbunden ist, ebenfalls entfernt. Nach Rekonstruktion des Blasenhalses wird die Blase mit dem Harnröhrenstumpf mit Nähten verbunden. Ein eingelegter Blasenkatheter unterstützt den Heilungsprozess.
Unter bestimmten Umständen kann eine potenz- oder erektionserhaltende Operationstechnik angewendet werden. Hierbei werden eine oder beide Gefäß-Nerven-Bündel geschont, die neben der Prostata zum Penis ziehen und für die Potenz, wahrscheinlich aber auch zu einem gewissen Anteil für die Harnröhrenschließmuskelfunktion zuständig sind.
Abschließend wird die Operationswunde wieder verschlossen.
Einige Tage nach der Operation wird zur Überprüfung der Dichtigkeit der neuen Verbindung von Blase und Harnröhre eine Röntgenkontrastmittel-Untersuchung der Harnröhre und der Blase durchgeführt. Danach kann in den meisten Fällen der während der Operation gelegte Blasenkatheter entfernt werden. In seltenen Fällen muss der Katheter ca. eine weitere Woche bis zur erneuten Röntgenkontrolle verbleiben.
Wie bei jeder großen Operation gibt es auch bei der radikalen Prostatektomie Komplikationen, von denen hier einige exemplarisch aufgeführt sind (aus der Literatur entnommen).
Komplikationshäufigkeiten während der Operation:
- Blutung mit Transfusion (Blutübertragung) bis zu 5 %
- Verletzung des Enddarms 0 – 1 %
- Harnleiterverletzung 0 – 1 %
Komplikationshäufigkeiten nach der Operation:
- Blutung 5 – 10 %
- Unwillkürlicher Harnverlust 5 – 10 %
- Vernarbung mit Einengung der Verbindung zwischen Blase und Harnröhre 3 – 5 %
Verlust der spontanen Errektionsfähigkeit:
- ohne Nervschonung 90 – 100 %
- mit einseitiger Nervschonung 60 – 70 %
- mit beidseitiger Nervschonung 30 – 50 %
Die Heilungsergebnisse nach radikaler Prostatektomie sind aber insgesamt sehr günstig. Dabei hängt der Erfolg der Operation im Wesentlichen von der Ausdehnung des Tumors und seiner Aggressivität ab. So können anhand der Ergebnisse der pathohistologischen Untersuchung des entfernten Gewebes (Lymphknoten und Prostata) 5, 10 und selbst 15 Jahresprognosen abgegeben werden.