Hormontherapie beim Prostatakrebs
Bei nahezu allen Patienten mit Prostatakrebs wachsen die Tumorzellen zunächst in Abhängigkeit vom männlichen Geschlechtshormon (Testosteron). Daher hat sich der Entzug des männlichen Hormons (auch: Androgen), welches zu ca. 90% im Hodengewebe und zu ca. 10% in den Nebennieren gebildet wird, als wirksame Behandlung bei Prostatakrebserkrankungen gezeigt. Erst im Verlauf der Erkrankung (nach Monaten oder Jahren) wird das Tumorwachstum teilweise oder vollständig unabhängig vom männlichen Geschlechtshormon. Der Tumor wird dann wieder aktiv. Eine Heilung lässt sich also mit der Hormonbehandlung leider nicht erreichen.
Die Hormonbehandlung ist nur für einen Teil der Männer mit Prostatakrebs die sogenannte „Therapie der ersten Wahl“.
Dies sind z. B.:
- Männer mit örtlich auf die Prostata begrenzter Erkrankung, bei denen eine Operation oder Bestrahlung nicht sinnvoll ist oder nicht gewünscht wird.
- Männer mit sehr fortgeschrittener Erkrankung, bei denen eine Operation oder Bestrahlung als rein örtliche Behandlung nicht in Betracht kommt.
- Männer, bei denen es nach Operation oder Bestrahlung zu einem Rückfall des Tumorleidens kommt.
- Männer bei denen die Bestrahlung eines örtlich fortgeschrittenen Prostatakrebses vorgenommen werden soll und die Wirksamkeit der Bestrahlung verstärkt werden soll.
Medikamentöse Erstbehandlung des Prostatakarzinoms (Entzug und Blockade der testikulären Androgene)
Während früher nur die operative Behandlung durch Entfernung des Hodengewebes (Kastration) zur Verfügung stand, werden heute überwiegend medikamentöse Behandlungen durchgeführt. Hier unterscheidet man die sogenannten LHRH-Agonisten (Leuprorelin, Goserelin, Triptorelin, Buserelin) und LHRH-Antagonisten (Abarelix, Degarelix) von den Antiandrogenen. Bei den Antiandrogenen werden nochmals die steroidalen (Cyproteronacetat) von den nicht-steroidalen Antiandrogenen (Flutamid, Bicalutamid) unterschieden. Welche Form der hormonellen Behandlung (LHRH-Therapie, maximale Androgenblockade, Antiandrogen-Monotherapie, intermittierende Androgenablation) im Einzelfall in Betracht kommt, ist nur im persönlichen Gespräch mit dem behandelnden Urologen zu klären.
Zur Initialbehandlung werden meistens LHRH-Agonisten, die auch als LHRH-Analoga bezeichnet werden, eingesetzt. Diese verhindern die Bildung der testikulären Androgene. Zu Beginn der Behandlung mit LHRH-Agonisten kann es zunächst zu einem kurzen, aber rasch vorübergeheden Anstieg des Testosterons kommen. Daher müssen vorübergehend auch noch Antiandrogene eingesetzt werden. Diese blockieren die Wirkung des männlichen Hormons an seinem Rezeptor. Diese Kombination verhindert das sog. „Flare Up“ Phänomen. Um dieses”Flare Up” Phänomen zu umgehen, wurden die LHRH-Antagonisten entwickelt, die zu einem sofortigen Abfall des Testosterons führen.
Die Nebenwirkungen der LHRH-Analoga Behandlung oder der Kastration treten bei fast allen Männern z. B. mit einer deutlichen Reduktion des sexuellen Interesses auf. Dazu können Hitzewallungen, vermehrtes Schwitzen, Wachstum oder Schmerzen im Bereich der Brustdrüsen, Gewichtszunahme und Muskelabbau sowie Osteoporose (Knochenschwund) und Laborveränderungen kommen.
Kommt es im Verlauf der Behandlung zu einem Fortschreiten der Erkrankung trotz LHRH-Therapie, kann durch einen Wechsel der Hormonbehandlung häufig noch ein erneutes Ansprechen des Tumors erreicht werden.
Solche Möglichkeiten sind z. B.:
- Wechsel des LHRH-Präparates bei unvollständigem Testosteronabfall
- Wechsel von einer alleinigen LHRH Therapie auf die maximale Androgenblockade
- Entzug des Antiandrogens
- Wechsel des Antiandrogens
- Entzug der Nebennierenandrogene
Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms
Nach der Erstbehandlung, wenn das Prostatakarzinom nicht mehr auf den Entzug des männlichen Hormons reagiert, gibt es eine Krankheitsphase, in der der Tumor immer noch auf das männliche Hormon reagiert, welches z.B. von der Nebenniere gebildet wird und in der Tumorzelle vorhanden ist. Diese intrazellulären Androgene regen den Tumor weiterhin zum Wachstum an. Hier stehen nach der “konventionellen” Hormontherape vor oder nach einer Chemotherapie die Substanzen Abirateronacetat (Zytiga ®) und Enzalutamid (Xtandi ®) zur Verfügung, welche zusätzlich die intrazellulären Androgene blockieren. Die Therapien mit Abirateronacetat als auch mit Enzalutamid sind relativ gut verträglich und werden daher seit deren Zulassung zumeist vor aber auch nach einer Chemotherapie eingesetzt.